Jan Kretzschmar, Geschäftsführer der KW-Development, erklärt die vielfältigen Tätigkeiten eines Projektentwicklers und wie er sich von einem Bauherrn unterscheidet.
Herr Kretzschmar, Ihr Unternehmen hat sich in den letzten Jahren als einer der größten Projektentwickler in Brandenburg etabliert. Was sind die Hauptaufgaben eines Projektentwicklers?
Ein Projektentwickler in der Immobilienbranche begleitet ein Immobilienprojekt von der ersten Idee bis zur Baugenehmigung, oft auch bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Mein Team und ich starten jedes Projekt mit einer gründlichen Standortanalyse, meist schon bevor das Grundstück erworben wird. Hierbei wird untersucht, welche Nutzungsarten für das jeweilige Grundstück sinnvoll sind und wie das Bauprojekt in die städtebauliche Umgebung passt. Auch die zugrundeliegenden rechtlichen Rahmenbedingungen und die Nachfragesituation werden analysiert. Ein Beispiel ist die Quartiersentwicklung in Niederlehme bei Berlin, wo wir den ehemaligen Industriestandort am Möllenzugsee gemeinsam mit der Stadtverwaltung von Königs Wusterhausen revitalisieren möchten. Dafür haben wir den Standort bereits umfassend analysiert und geprüft und eine Idee zur Konversion des Gebietes entwickelt, damit hier ein nachhaltiges Wohnquartier mit Kita und einem Nahversorger entstehen kann.
Wie läuft die Projektplanung ab?
Die Planungsphase ist von zentraler Bedeutung. In dieser Zeit erstellen wir Nutzungskonzepte, in denen die Funktionalität und Wirtschaftlichkeit des Projekts im Vordergrund stehen. Dazu gehören nicht nur architektonische Planungen, sondern auch die Berücksichtigung von ökologischen Aspekten, wie z. B. nachhaltige Energiekonzepte. KW-Development setzt auf moderne Energiestandards, um langfristig klimafreundliche Bauvorhaben zu realisieren. Denn mittlerweile ist die Energieversorgung – neben einer attraktiven Lage und guter Anbindung an den ÖPNV – ein entscheidender Faktor für die Wahl der Wohn- oder Gewerbefläche geworden.
Auf der planungsrechtlichen Seite gilt es, die Grundlagen für die Baugenehmigung zu schaffen. Bei größeren Projekten muss zunächst gemeinsam mit der Gemeinde ein Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden. Das kann zwischen zwei und zehn Jahren dauern. In diesem Verfahren werden unter Berücksichtigung zahlreicher Fachgutachten und der Einbeziehung der Fachbehörden, der Öffentlichkeit und der Lokalpolitik die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Bebauung abgestimmt. Auf Grundlage des nach Abschluss dieses Verfahrens festgesetzten Bebauungsplans kann dann eine Baugenehmigung für das konkrete Bauvorhaben beantragt werden. Bauantragsverfahren sollten nach gesetzlicher Frist eigentlich nach drei Monaten abgeschlossen sein, in der Praxis dauert es aber häufig ein Jahr oder länger, bis eine Genehmigung erteilt wird.
Ist ein passendes städtebauliches und Nutzungskonzept entwickelt und die planungsrechtliche Grundlage geschaffen und mit Auftraggeber und Gemeinde abgestimmt, wird die architektonische und technische Planung vorangetrieben. Für den Bauantrag bedarf es außerdem einer Bauantragsplanung, die für die Ausführung der deutlich detaillierten Ausführungsplanung verantwortlich ist.
In dieser Phase vor Baubeginn ist auch die Finanzierung ein entscheidender Aspekt. Projektentwickler koordinieren das gesamte Budget und sichern die Finanzierungsmöglichkeiten, oft in Zusammenarbeit mit Investoren.
Und wenn der Bau des Projekts startet, ist die Aufgabe des Projektentwicklers abgeschlossen?
Nein, auch in der Bauphase übernimmt der Projektentwickler eine übergeordnete Koordinierungsfunktion. Wir sorgen dafür, dass Zeitpläne eingehalten, Bauunternehmen effizient koordiniert und etwaige Probleme direkt gelöst werden. Dabei sind enge Abstimmungen mit dem Bauherrn, ggf. dessen Generalübernehmer, den Architekten und weiteren Fachplanern essenziell, um die Qualitätsstandards zu sichern. Besonders bei großen Projekten ist die Bauphase sehr dynamisch und erfordert oft auch noch Anpassungen. So können wir, wenn frühzeitig während des Baus schon die künftigen Nutzer feststehen, die Grundrisse ggf. noch anpassen oder andere individuelle Wünsche umsetzen.
Was unterscheidet einen Projektentwickler von einem Bauherrn?
Oftmals werden die Begriffe durcheinander geworfen. Dabei ist der Unterschied ganz klar: Der Bauherr ist der Eigentümer des Grundstücks oder der Immobilie und trägt das finanzielle Risiko. Er trifft die finalen Entscheidungen, wie das Projekt letztendlich aussehen wird. Der Projektentwickler hingegen ist im Auftrag des Bauherrn je nach Auftragsumfang für die Entwicklung, Planung, Baurechtschaffung, Koordination und ggf. Überwachung der Umsetzung des Bauvorhabens zuständig. Schaltet der Bauherr einen Generalübernehmer für die bauliche Umsetzung des Projekts ein, koordiniert der Projektentwickler auch diese Prozesse. Die KW-Development ist neben ihrer Tätigkeit als Projektentwickler auch Generalübernehmer und damit auch für die Umsetzung der von ihr entwickelten Bauvorhaben zuständig. Sie betreut die Projekte also von der ersten Idee bis zur schlüsselfertigen Übergabe an den Bauherrn.
Ein Beispiel für diese enge Zusammenarbeit findet sich in Potsdam-Babelsberg. Dort hat die KWD für den Filmpark Babelsberg eine neue Grundschule errichtet. Die nach dem Kinderbuchautor Michael Ende benannte dreizügige Grundschule und der dazugehörige Hort „Lummerland“ wurden im Februar 2024 fertiggestellt. Die viergeschossigen Gebäude von Schule und Hort sind nun baulich miteinander verbunden und bieten Platz für 540 Kinder. Zu den Aufgaben der KWD gehörte es u.a., die Grundschule zu konzeptionieren und auf eine liebevolle, kindgerechte Gestaltung zu achten. So wurden zum Beispiel wettergeschützte Spielangebote eingeplant wie eine Kletterwand, Tischtennisplatten, Fußball- und Basketballfeld. Auch der gesamte Planungs- und Bauprozess wurde von der KWD begleitet und koordiniert. Anschließend wurde das Gebäude schlüsselfertig an den Bauherren übergeben.
Gibt es auch Unternehmen, die gleichzeitig Bauherr und Projektentwickler sind?
Definitiv! Projektentwickler können auch gleichzeitig Bauherr sein. In diesem Fall übernehmen sie sowohl die operative Steuerung des Projekts als auch die finanzielle Verantwortung und das Eigentum am Bauvorhaben.
Auch unsere KW-Development tritt in einigen Projekten in dieser Doppelrolle auf. Das ist oft ein großer Vorteil, um mehr Kontrolle über das Projekt zu behalten und sicherzustellen, dass es den eigenen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht wird. In Beelitz-Heilstätten entwickeln mein Team und ich beispielsweise das gesamte Quartier in dieser Doppelrolle. Unserer Unternehmensgruppe gehören die Grundstücksflächen und die historischen Gebäude, bis sie nach Fertigstellung meist veräußert werden. Gleichzeitig haben wir für den ganzen Standort eine umfängliche Projektentwicklung erarbeitet, damit der Ortsteil zu einem nachhaltigen Quartier mit allen Einrichtungen des täglichen Bedarfs für die neuen Bewohner wird. Gleichzeitig tragen wir natürlich alle Kosten für das gesamte Projekt.
Könnte ein Bauprojekt auch ohne Projektentwickler durchgeführt werden?
Die Rolle eines Projektentwicklers ist unverzichtbar für das Gelingen eines Bauvorhabens – egal ob der Bauherr diese Rolle selbst einnimmt oder extern vergibt. Von der Konzeption über die Planung bis zur Baugenehmigung – ein Projektentwickler hält die Fäden zusammen. Unser Ziel ist es dabei, nicht nur Gebäude zu errichten, sondern nachhaltige und lebenswerte Räume zu schaffen.